Es geschah in einer Weihnachtsnacht.
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... mit einem vermeintlichen Weihnachtsmann, hoch oben im »echten Norden« auf einem Weihnachtsmarkt einer bekannten Hafenstadt. Damals war ich bereits Vater von zwei kleinen Jungs, die glücklicherweise nicht dabei waren. Denn dieser Weihnachtsmann war gruselig.
37 Jahre ist das jetzt her, doch noch heute kann ich mich an jedes Detail dieses Möchtegern-Weihnachtsmannes erinnern. An diesen dünnen, langen Kapuzenmantel aus rotem Filz. Die dunkelgrünen Gummistiefel, die aussahen, als sei er gerade aus dem Wattenmeer gekommen. Dazu eine unheimliche Halbmaske mit aufgeklebtem Wattebart.
Aber das Schlimmste war, dass er sich die ganze Zeit mit einer Rute in die Hand schlug und damit vorbeilaufenden Kindern drohte. Zum Davonlaufen.
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Bis tief in die Nacht hat mich das Erlebnis beschäftigt. Ich war kein übermäßig weihnachtsaffiner Mensch, aber den Weihnachtsmann kannte ich aus meiner Kindheit ganz anders. Warmherzig, gütig und › wunderschön gekleidet!
Lange lag ich wach und fragte mich immer wieder: „Muss das so sein? Geht das nicht besser, viel besser?“
Es gibt im Leben Momente, in denen sich Türen öffnen und etwas Neues beginnt. In jener Nacht war ein solcher, in dem aus mir, damals noch ein BWL-Student, der liebe gute Weihnachtsmann Claudius wurde. Als ich mich nicht mehr fragte, ob man das nicht besser machen könne – sondern wie. Wie ich das besser machen könnte.
Am nächsten Tag ging ich in die Stadtbücherei und lieh mir alle Bücher aus, die ich über den Weihnachtsmann finden konnte – denn 1985 war »Google« war nur als sächsischer Weihnachtsbaumschmuck bekannt. Ich las Hans Christian Andersen, Theodor Storm und viele andere.
Weihnachtsmann-Darstellung, ca. 1890
Dabei entdeckte ich, dass der »Weyhnachtsmann« bereits im Dezember 1770 in einer Berliner Wochenschrift publizistisch erwähnt wurde. Dass Coca Cola den Weihnachtsmann erfunden hat, ist also »Coca Lores«.
Nach der Lektüre erstellte ich ein eigenes Konzept – vier DIN-A4 Seiten lang. Eine Art Drehbuch, wie ein Weihnachtsmann auftreten müsste.
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Mit Massenware aus dem Kaufhaus wollte ich mich schon damals nicht zufrieden geben. Also bestellte ich mein erstes, teures Outfit bei einem Kostümfachhändler in München. Traditionsbewusst einen Mantel zur Darstellung des Weihnachtsmannes (und nicht des amerikanischen »Santa« im Hosenanzug).
Kleinanzeigen wurden geschaltet, die Auftritte mit den Familien bis ins kleinste Detail vorbesprochen und am Heiligabend war es dann endlich soweit. Ich erschien bei meinen ersten »Weihnachtskindern«. Alles verlief im Wesentlichen »nach Plan« – bis auf eines!
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Denn als ich Herzenswünsche der Kinder erfüllte, geschah etwas Unerwartetes. Auch der Weihnachtsmann bekam plötzlich »Geschenke« – leuchtende Kinderaugen, die ihn voller Freude und Dankbarkeit glückselig anstrahlten. Herzergreifend. Überwältigend.
Drei Dinge sind uns aus dem Paradies geblieben:
die Sterne der Nacht, die Blumen des Tages und
die Augen der Kinder.
(Dante Alighieri)
Mit einem unglaublich guten Bauchgefühl kehrte ich heim. Was ich erlebt hatte, war pures Glück. Ein Gefühl tiefer Verbundenheit – so menschlich warm und reich. Mit nichts zu vergleichen. An jenem Weihnachtsabend war klar: Das ist viel mehr als nur ein »Studentenjob«.
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In jener Nacht war an Schlaf nicht zu denken. Lange lag ich wach. Dachte nach. Und fasste einen Entschluss. So nahm »in einer Weihnachtsnacht« der liebe gute Weihnachtsmann Claudius seinen Anfang. Einer inneren Berufung folgend, erfüllt mich dieses »zweite Dasein« nun bereits im vierten Jahrzehnt mit sehr viel Freude.
Unzählige »Augenblicke voller Glück« sind seither für mich die schönsten »Geschenke« der Welt! In solchen Momenten offenbart sich der »Weihnachtszauber«:
Der Zauber der Weihnacht,
der in den Herzen der Menschen lebt.