„Lieber Weihnachtsmann, ist das wirklich für mich...?“
© Ramona-Heim
Wenn »der liebe gute Weihnachtsmann Claudius« von seinen Erlebnissen aus 40 Jahren erzählt, ist es, als ob er aus seinem dicken »goldenen Buch« vorliest. Jede Seite ein neues Kapitel. Eine neue Erinnerung.
Eine seiner schönsten Weihnachtserlebnisse handelt von einem bescheidenen Mädchen und dem Erfüllen ihres Herzenswunsches, was nicht nur die Eltern, sondern auch ihn zu Tränen rührte.
Wenngleich er heute mit solchen Situationen routinierter umgehen kann, so gibt es auch heute noch Momente, bei denen ihm – ob der Freude mit den Kindern – für einen kurzen Moment die Stimme versagt.
Also: Tapfer sein und Taschentücher bereit halten!
Schon zu Beginn meiner Zeit als Weihnachtsmann habe ich die Dinge anders gehandhabt als viele andere. Für mich ist ein ausführliches Vorgespräch bei jeder neuen Familie unerlässlich. Spätestens sechs Wochen vor dem Fest setze ich mich mit den Eltern zusammen, um alles zu besprechen.
An eine Begebenheit aus meinem dritten Jahr als Weihnachtsmann Claudius erinnere ich mich aber noch heute besonders gern. Denn sie rührte mich zu Tränen.
Damals besuchte ich die Eltern eines siebenjährigen Mädchens. Es war, wie so oft, schon spät am Abend. Ich stellte mich flüsternd als der liebe gute Weihnachtsmann Claudius vor und folgte den beiden leise ins Wohnzimmer. Es war schlicht, aber sehr gemütlich eingerichtet. Auf dem Esszimmertisch standen eine Kanne duftender Tee und ein Teller mit selbst gebackenen Keksen. Das Flackern mehrerer Kerzen tauchte den Raum in ein warmes Licht. Ja, dachte ich bei mir, auch deswegen macht diese Aufgabe Freude.
Ich breitete meine Unterlagen auf dem Tisch aus und nachdem wir das Nötigste geklärt hatten, kamen wir zum Wichtigsten – den Informationen für das Goldene Buch. Dabei sind mir Details immer sehr wichtig.
© svetamart
Zum Schluss stellte ich die Frage nach besonderen Geschenken. Ob es einen Herzenswunsch gäbe oder Präsente, die vielleicht nicht in meinen Jutesack passen würden.
Plötzlich herrschte betretenes Schweigen. Die bis dahin fröhlichen Gesichter der Eltern verdunkelten sich. Dann begann der Vater mit bedrückter Stimme: „Unsere Linda wünscht sich ein rosafarbenes Fahrrad. Wir würden ihr den Wunsch so gern erfüllen, aber meine berufliche Situation hat sich dieses Jahr so verschlechtert, dass wir es uns einfach nicht leisten können.“
Die Mutter ergänzte leise: „Linda weiß, dass sie nicht mit viel rechnen kann. Aber einen ihrer größten Wünsche – endlich einmal dem Weihnachtsmann zu begegnen – den wollen wir ihr unbedingt erfüllen.“
Ich schluckte. Ich konnte nicht mehr tun, als all das betroffen zur Kenntnis zu nehmen.
Die Adventszeit verging wie im Fluge. Am Abend des 23. Dezember bereitete ich mein Goldenes Buch vor. Das erfordert immer viel Fingerspitzengefühl, denn jede Familie hat ihre eigene Geschichte, die voller Güte bedacht sein will.
Da klingelte das Telefon.
Der Vater der kleinen Linda war dran und erzählte voller Freude: „Wir haben ein Fahrrad bekommen! Es ist zwar nicht neu, aber es sieht wie neu aus, und es hat ihre Wunschfarbe: rosa! Könnten wir es bitte so machen, dass wir es in den Hausflur stellen und Sie es zum Schluss noch dazu holen?“
Begeistert von der Idee, freute ich mich von Herzen mit ihm. Ja, genau so würden wir es machen.
Am Weihnachtsabend war ich bei der Familie. Im hellen Schein der Kerzen besprachen wir einfühlsam und in aller Ruhe die Dinge aus dem Goldenen Buch. Linda sagte fehlerfrei ein Gedicht auf. Aus meinem Jutesack gab es zwei kleine Geschenke und eine Weihnachtstüte, gefüllt mit Nüssen, Mandarinen und ein wenig Schokolade.
© magele-picture
Nicht viel. Aber als ich Linda fragte, ob sie zufrieden sei, bejahte sie ganz tapfer. Ihr größter Wunsch, den Weihnachtsmann zu treffen, war ja in Erfüllung gegangen.
Die Bescheidenheit dieses Kindes rührte mich zutiefst. „Es freut mich sehr, wenn Kinder auch mit wenig zufrieden sind“, sagte ich. „Und wenn ich kann, so pflege ich Bescheidenheit gern besonders zu belohnen.“
Ich fragte sie, ob sie mir vielleicht kurz tragen helfen könne.
Große Kinderaugen sahen erst die Eltern an, dann mich. Sie nickte, ergriff entschlossen meine dargebotene Hand, und gemeinsam gingen wir langsamen Schrittes den Flur entlang zur Wohnungstür.
Dort angekommen, öffnete ich sie langsam und schaltete im Hausflur das Licht an.
Und da stand es – auf der Halbtreppe – hell erleuchtet, in voller Pracht und im schönsten Rosa: das Fahrrad. Ihr Herzenswunsch!
Sie konnte es überhaupt nicht fassen, sprang von einem Bein aufs andere und fragte mich immer wieder, ob das Fahrrad auch wirklich für sie sei: „Das ist für mich, lieber Weihnachtsmann? Ist das wirklich für mich? Oh danke, lieber Weihnachtsmann, danke – das hab ich mir so sehr gewünscht!“
Den Eltern liefen die Tränen, und mir hatte es die Sprache verschlagen. Ich konnte, ebenso wie die sichtbar gerührten Eltern, nur noch nicken.
Das Fahrrad wurde schnell ins Wohnzimmer geholt. Ein halb verschlucktes „Frohe Weihnachten“ brachte ich auch noch irgendwie hervor.
Draußen musste ich erst einmal tief durchatmen. Mein Bart war von den Tränen nass. Die Bescheidenheit dieses Kindes hatte mich wirklich im Herzen berührt. Es war und ist für mich ein Symbol für die wahre Bedeutung von Weihnachten. Dass dieser Moment für mich zu den schönsten und unvergesslichsten Augenblicken zählt, versteht sich sicher von selbst.
© Der liebe gute Weihnachtsmann Claudius
Die obige Geschichte ist urheberrechtlich geschützt. Das Urheberrecht liegt beim lieben guten Weihnachtsmann Claudius (siehe Impressum). Bitte fragen Sie ihn über das Kontaktmodul, falls Sie die Geschichte verwenden möchten.
Wer gegen das Urheberrecht verstößt (z.B. Texte unerlaubt kopiert), macht sich gem. §§ 106 ff UrhG strafbar, wird zudem kostenpflichtig abgemahnt und muss Schadensersatz leisten (§ 97 UrhG).